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Essen in einer Schulmensa: »Entscheiden muss sich dann jeder selbst«

Foto: Jens Kalaene / picture alliance / dpa

Weniger Zucker, Fett und Salz in Kitas und Kantinen – dafür mehr Bio und regionale Lebensmittel: Das ist das Ziel einer neuen Ernährungsstrategie der Bundesregierung, die das Kabinett beschlossen hat. »Leckeres, gesundes und nachhaltiges Essen darf nicht vom Geldbeutel abhängen oder davon, aus welcher Familie man kommt«, sagte Landwirtschaftsminister und Grünenpolitiker Cem Özdemir bei der Vorstellung der Strategie.

»Ich will, dass jeder eine echte Wahl für gutes Essen bekommt«, sagte Özdemir. Eine Pflicht zu einer bestimmten Ernährungsweise soll es laut Özdemir aber nicht geben. »Entscheiden muss sich dann jeder selbst, da hat niemand jemandem etwas vorzuschreiben.«

Die vom Landwirtschaftsministerium erarbeitete Strategie mit dem Titel »Gutes Essen für Deutschland« bündelt etwa 90 geplante und bereits bestehende Maßnahmen, die »gutes Essen für alle Menschen in Deutschland leichter«machen sollen, wie Özdemirs Ministerium mitteilte. Der Horizont geht bis zum Jahr 2050. Derzeit werde es Menschen, die im Alltag Lebensmittel essen oder kaufen, schwer gemacht, an gesundes und nachhaltiges Essen zu gelangen.

Scharfe Kritik von Foodwatch

Festgeschrieben sind mehrere Ziele, darunter eine Verbesserung der Gemeinschaftsverpflegung, die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung sowie mehr pflanzliche und ökologisch produzierte Lebensmittel. Für ein vielseitigeres Essen in Schulen und Kitas sollen etwa verbindliche Standards sowie Schulküchen und Trinkwasserspender gefördert werden, außerdem soll es verbindliche Ziele entlang der Lebensmittelkette geben, um Verschwendung zu reduzieren. Ziel ist es außerdem, die an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt einzuschränken.

Der AOK-Bundesverband begrüßte das Streben der Regierung nach besseren Rahmenbedingungen für eine gesunde Ernährung. Das Missverhältnis von zu viel Fleisch und Zucker und zu wenig Vollkornprodukten und Obst und Gemüse auf dem Teller sei »schädlich für das Klima und für die Gesundheit«, erklärte die Vorstandsvorsitzende des Verbandes, Carola Reimann.

An vielen Stellen bleibe die Strategie schwammig und hinter den Empfehlungen des Bürgerrats Ernährung zurück – etwa beim Thema Subventionen für Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte und bei der Weiterentwicklung der Kennzeichnungsregeln. Der Bürgerrat Ernährung ist ein vom Bundestag eingesetztes Gremium aus 160 ausgelosten Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die seit Ende September Fragen rund um das Thema diskutiert und Empfehlungen erarbeitet hatten.

Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch sprach von einem »wohlklingenden, aber weitgehend folgenlosen Papier«. In der Strategie fänden sich zwar viele hehre Ziele, aber kaum wirkungsvolle Maßnahmen. So sei etwa unklar, wie das Ziel einer besseren Gemeinschaftsverpflegung konkret erreicht werden soll. »Für Pflicht-Vorgaben in Schulen und Kitas wären die Länder zuständig.« Statt »abstrakte Zukunftsvisionen zu entwerfen, sollte die Bundesregierung jetzt konkrete Maßnahmen ergreifen, die sie selbst zügig umsetzen kann.« Hierzu zählten schärfere Werberegeln für Junkfood oder eine Steuer auf Limonade.

In der Strategie wird zwar erneut genannt, dass die Regierung plant, an Kinder gerichtete Werbung für ungesündere Lebensmittel für unter 14-Jährige zu unterbinden. Dieses Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag steckt allerdings seit Monaten im Ampel-Regierungsbündnis fest.

apr/dpa/AFP