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Studierende im großen Hörsaal der Universität zu Köln: Unterschiedliche Erwartungen je nach Hochschule

Foto: Christoph Hardt / Panama Pictures / IMAGO

Studierende in Deutschland erwarten nach ihrem Abschluss ein Gehalt von im Schnitt rund 47.000 Euro brutto pro Jahr. Das zeigt eine Auswertung der Personalberatung case, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Sie basiert auf der Studienreihe »Fachkraft 2030«, für die zwischen 2012 und 2023 rund 400.000 Studierende an mehr als 60 Hochschulen befragt wurden.

Den Daten zufolge sind die Gehaltserwartungen zwischen 2014 und 2023 um 22 Prozent gestiegen, wobei rund die Hälfte des Anstiegs auf die vergangenen beiden Jahre zurückgeht, also auf die Zeit der hohen Inflation. Die tatsächlichen Preise sind im selben Zeitraum allerdings um etwa 24 Prozent gestiegen, die Gehaltserwartungen bleiben also hinter der Inflation zurück.

Kaum Bewegung im Gender-Gap

Bereits bei den Gehaltsvorstellungen gibt es zudem einen Gender-Gap, je nach Studienfach erwarten Frauen zwischen 15 und 17 Prozent weniger Gehalt als Männer. Daran habe sich über die untersuchten Jahre hinweg kaum etwas verändert, heißt es, weder in besser bezahlten MINT-Berufen noch in anderen Fächern.

Wie sich der Unterschied erklären lässt, untersucht Studienleiter Philipp Seegers gerade genauer. Zum einen zeigten die unterschiedlichen Ansprüche, dass Frauen die tatsächliche Ungleichbehandlung auf dem Arbeitsmarkt schon vorausahnten, sagte er dem SPIEGEL: 2022 verdienten Frauen in Deutschland pro Stunde im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer. Sie führten aber auch dazu, dass Frauen mitunter in Gehaltsverhandlungen weniger forderten, und damit am Ende weniger bekämen. Männer wiederum gingen mit höheren Anforderungen in Gespräche und bekämen dadurch auch real mehr Lohn. Die Unterschiede im Selbstvertrauen hingen aber wiederum mit der tatsächlichen Ungleichbehandlung zusammen, so Seegers.

Auch zwischen den Hochschulen zeigten sich Unterschiede. Der Auswertung zufolge haben Studierende der TU München mit knapp 54.000 Euro brutto pro Jahr aktuell die höchsten Gehaltserwartungen, gefolgt von der TU Hamburg Harburg und der Universität Stuttgart mit rund 52.000 Euro. Die niedrigstenErwartungen haben demnach Studierende der HU Berlin mit rund 37.000 Euro, gefolgt von der FU Berlin mit knapp 39.000 Euro. Für die großen Unterschiede an den Hochschulen seien insbesondere die MINT-Quote unter den Studienfächern und die Frauenquote verantwortlich, sagte Studienleiter Seegers.

Juristen überschätzen sich am stärksten

Generell erwarten Studierende von MINT-Fächern im Schnitt ein höheres Gehalt als die anderer Studienfächer – was zur hohen Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt passt. Im gesamten Beobachtungszeitraum hatten aber Studierende der Rechtswissenschaften durchweg die höchsten Gehaltserwartungen. Sie hoffen aktuell auf ein Gehalt von mehr als 58.000 Euro pro Jahr. Angehende Ingenieur:innen und Informatiker:innen erwarten knapp 52.000 Euro. Am wenigsten erhoffen sich Studierende der Sprach-, Kommunikations-, Kultur-, Kunst- und Medienwissenschaften mit rund 37.000 Euro.

Doch passen die Erwartungen auch zu den tatsächlichen Gehältern? Ein Abgleich mit dem Gehaltsreport 2021 von Stepstone zeige, dass die Rechtswissenschaftler:innen ihr Gehalt am stärksten überschätzten, um 9 Prozent. Naturwissenschaftler:innen wiederum schätzten ihre Verdienstmöglichkeiten um 10 Prozent zu niedrig ein.

Über alle Fachbereiche betrachtet seien die Gehaltserwartungen allerdings sehr nah an der Realität, heißt es. Im Schnitt unterschätzten Studierende ihre späteren Verdienstmöglichkeiten um wenige Prozentpunkte.

taf