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Gerichtszeichnung: Trump (vorne), Richter Kaplan und Klägerin Carroll

Foto: Jane Rosenberg / REUTERS

Schweigen ist offensichtlich nicht Donald Trumps größte Stärke. Auch während des Verleumdungsprozesses der US-Autorin E. Jean Carroll gegen ihn in New York konnte sich der frühere US-Präsident nun wohl nicht zusammenreißen. Letztlich drohte ihm Richter Lewis A. Kaplan gar mit dem Rauswurf aus dem Gerichtssaal, wenn er sich nicht ruhig verhalten könne.

Was war passiert? Mehrfach hatte Kaplan Trump zum Schweigen ermahnt, während die Schriftstellerin Carroll vor dem Gericht aussagte. Carroll erklärte, Trump habe ihren Ruf zerstört, nachdem sie ihn des sexuellen Missbrauchs beschuldigt hatte.

Richter Kaplan warnte den Ex-Präsidenten, ihm werde das Recht auf Anwesenheit bei der Verhandlung entzogen, wenn er weiterhin störe. Doch Carrolls Anwalt beschwerte sich, dass man immer noch hören könne, wie Trump gegenüber seinen Anwälten Bemerkungen machte. Demnach beklagte sich der Republikaner über »eine Hexenjagd« und »Betrug«, auch soll Trump Carroll der Lüge bezichtigt haben.

»Mr. Trump, ich hoffe, ich muss nicht in Erwägung ziehen, Sie von der Verhandlung auszuschließen«, sagte Kaplan, nachdem die Geschworenen zum Mittagessen entlassen worden waren, und fügte hinzu: »Ich verstehe, dass Sie wahrscheinlich darauf brennen, dass ich das tue.«

»Ich würde es lieben«, antwortete Trump und zuckte mit den Schultern.

»Ich weiß, dass es Ihnen gefallen würde. Sie können sich unter diesen Umständen anscheinend einfach nicht beherrschen«, antwortete Kaplan.

»Sie können es auch nicht«, murmelte Trump.

Carrolls Verteidiger gab zu bedenken, dass auch die Geschworenen Trumps laut vorgetragene Falschbehauptungen mitbekommen könnten.

»Ich möchte nur darum bitten, dass Mr. Trump besonders darauf achtet, leise zu sein, wenn er sich mit seinen Anwälten berät, um sicherzustellen, dass die Geschworenen ihn nicht hören«, sagte Kaplan, bevor die Geschworenen nach einer Pause in den Gerichtssaal zurückkehrten.

Trumps Anwesenheit nicht verpflichtend

Eine New Yorker Geschworenenjury hatte es im Mai als erwiesen angesehen, dass Trump Carroll 1996 in einem New Yorker Nobelkaufhaus angegriffen, sexuell missbraucht und später verleumdet hatte. Die Geschworenen hatten der Schriftstellerin daraufhin eine Entschädigung in Höhe von fünf Millionen Dollar (etwa 4,65 Millionen Euro) zugesprochen. Als der Richter am Dienstag auf diese frühere Entscheidung verwies, habe Trump laut der Nachrichtenagentur AP »angewidert« den Kopf geschüttelt.

Zum ersten Prozess war Trump nie selbst erschienen, seine Anwesenheit war auch beim Auftakt des zweiten Prozesses am Dienstag nicht verpflichtend gewesen.

Bereits vor Beginn des zweiten Prozesses hatte ein Richter entschieden, dass weitere Kommentare Trumps verleumderisch seien. Damit muss die Jury nun lediglich noch über die Höhe der Entschädigung entscheiden, die der Ex-Präsident der Frau bezahlen muss. Carroll verlangt mehr als zehn Millionen Dollar.

czl/AP