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Informationsstand der Jungen Alternative: In Teilen rechtsextrem

Foto: Jens Schlueter / Getty Images

Zehntausende Menschen in Deutschland gehen seit Tagen gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Anlass ist ein von der Recherche-Plattform »Correctiv« aufgedecktes Treffen von Rechtsextremen, Neonazis und vermeintlich Bürgerlichen der »Werteunion« sowie AfD-Funktionären  . Sie diskutierten einen »Masterplan« zur Vertreibung von Millionen Menschen. Angesichts dieser Enthüllungen fordert eine Petition, AfD-Mann Björn Höcke die Grundrechte zu entziehen  und auch ein Verbot der AfD wird wieder debattiert. Zuvor könnte aber bereits ein Verbot der Jungen Alternative (JA) möglich sein. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist die Junge Alternative?

Die Junge Alternative ist die Nachwuchsorganisation der AfD. In ihrem Programm schreibt sie: »Wir stehen zum deutschen Vaterland« und man bekenne sich zur Familie »aus Vater, Mutter und Kindern als Fundament des Volkes«. Ökonomische und soziale Probleme im Land ließen sich nicht »durch Massenzuwanderung« lösen. Der Verfassungsschutz hat den Bundesverband der Jungen Alternative zeitweise als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. Im Juni nahmen die Verfassungsschützer dies jedoch wegen eines Eilverfahrens der AfD und der JA vorläufig zurück und führen die JA seitdem wieder als Verdachtsfall.

Bei den Landesverbänden fallen die Einstufungen unterschiedlich aus. So wird etwa die JA in Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern als gesichert rechtsextremistisch eingestuft, in Nordrhein-Westfalen gilt sie als Verdachtsfall, in Bremen und Niedersachsen wird die Organisation bereits seit 2018 beziehungsweise 2020 als Beobachtungsobjekt geführt.

Wie sprechen die Vorsitzenden der JA? Ein Beispiel

Hannes Gnauck, Bundesvorsitzender der JA, rief im März zu einer Demo im brandenburgischen Prenzlau auf. Der SPIEGEL  berichtete von der Veranstaltung. Dort sprach Gnauck etwa von »Messerstecher-Bereicherung«, »Migrantenhorden« und »importierter Gewalt«, gegen die man sich »wehren« müsse. Man werde sich das Land zurückholen, von denen »da oben«. Eine solche »Wende« entstehe im Kleinen, in der regionalen Gemeinschaft. Von Prenzlau aus wolle man starten, und »über ganz Brandenburg ganz Deutschland erobern«. Er schloss seine Rede mit den Worten: »Es lebe Prenzlau, es lebe die Uckermark, es lebe unser heiliges deutsches Vaterland!« Vom »heiligen deutschen Vaterland« war zuletzt während des Nationalsozialismus die Rede.

Warum gelten Teile der JA als Beobachtungsfall oder gesichert rechtsextrem?

Als der Verfassungsschutz den AfD-Nachwuchs im April 2023 als »gesichert rechtsextremistisch« einstufte, sagte BfV-Präsident Thomas Haldenwang, es bestünden keine Zweifel mehr, dass die Gruppierung verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge. Sie würde wie andere Gruppen »auf die Ausgrenzung vermeintlich Fremder‹ zielen und versuchen, diese Positionen gesellschaftlich anschlussfähig zu machen«. Ihr Schüren von Ressentiments sei zudem geeignet, dass es mehr Gewalt gegen Menschen, bei denen Migrationshintergrund vermutet wird, geben könnte. Aufgrund eines Eilverfahrens der AfD und der JA stufte der Verfassungsschutz die Gruppe vorläufig wieder als Verdachtsfall ein.

Etwa in Brandenburg gilt der Landesverband der JA als gesichert rechtsextremistische Bestrebung. Die Positionen des Verbands seien eindeutig nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU).

Aus diesem Verband kommt zum Beispiel Anna Leisten, früheres Mitglied des Bundesvorstandes der JA. Dem Bundesvorstand der AfD war sie zu offen rechtsextrem – sie hatte unter anderem bei einem Interview die »White Power«-Geste gezeigt. Im Juli 2023 war sie als Rednerin bei einer sogenannten »Remigrationsdemo« in Wien, organisiert von der Identitären Bewegung. Nach Veröffentlichung der »Correctiv«-Recherche bezeichnete sich der Landesverband als »Team Remigration«. Mit dem Begriff Remigration meinen Rechtsextreme in der Regel, dass eine große Zahl Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang.

Was ist jetzt mit dem Verbot?

Die AfD gilt als in weiten Teilen rechtsextreme Partei. Ein Verbot einer Partei ist jedoch nicht so leicht. Deswegen fordert nun etwa die Partei Die Linke, zunächst die Jugendorganisation ins Visier zu nehmen. Die Idee ist nicht neu, in Berlin wurde sie schon diskutiert. Denn: Lediglich die Junge Alternative zu verbieten, wäre leichter durchzusetzen, da es sich bei der Nachwuchsorganisation um keine Partei, sondern einen Verein handelt. Derzeit läuft noch das Verfahren zur Einstufung der JA als »gesichert rechtsextremistisch«, darüber entscheidet das Verwaltungsgericht Köln in diesem Jahr. Sicherheitsexperten und Juristen halten es dennoch für denkbar, dass die Behörden gegen die Jugendorganisation mit rund 2000 Mitgliedern vorgehen könnte.

Genauso wäre es denkbar, einzelne Landesverbände der AfD zu verbieten, vor allem wenn sie sich so eindeutig rechtsextrem präsentieren wie etwa Björn Höckes Truppe in Thüringen. »Der Landesverband Thüringen der Partei ›Alternative für Deutschland‹ ist eine erwiesen rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung«, heißt es in einem vertraulichen Vermerk des Thüringer Innenministeriums aus dem Jahr 2021, der dem SPIEGEL vorliegt.

Was sagt die Politik?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schließt ein Verbot der Jungen Alternative nicht aus. »Wenn die Voraussetzungen vorliegen, dann kann man das auch tun«, sagte Faeser und verwies auf weitere Ermittlungen der Verfassungsschützer in den Bundesländern. Faeser forderte die demokratischen Parteien aber zunächst dazu auf, sich mit der AfD inhaltlich auseinanderzusetzen.

Katina Schubert, stellvertretende Parteivorsitzende der Linken sagte der Nachrichtenagentur dpa: »Ein erster Schritt wäre ein Verbot der Jugendorganisation der AfD«. Das sei einfacher umzusetzen als ein Verbot der Partei. »Die AfD ist eine Partei des rechten Randes. Sie vernetzt bürgerliche Ewiggestrige mit militanten Nazis und Schwurblern.« Sie wünsche sich »ein Verschwinden dieses braunen Sumpfes«, sagte die Linken-Politikerin. Doch sehe sie sich als Vertreterin einer demokratischen Partei in der Verantwortung, der AfD politisch zu begegnen.

ptz/bö/dpa