Mit dem Beginn des großen Strafprozesses gegen die Wirecard -Führung werden ehemalige Aktionäre des Unternehmens noch einmal schmerzlich daran erinnert, wie gravierend ihre Verluste waren. Auf vielen Wegen haben Investoren versucht, Ansprüche an das insolvente Tech-Unternehmen oder andere für die Insolvenz mitverantwortliche Akteure zu stellen. Bislang aber waren die Gerichte noch nicht gnädig, was mit einer einfachen Formel des Insolvenzrechts zusammenhängt: Als Erste anspruchsberechtigt sind Banken und andere Gläubiger, deren Forderungen ausstehen.

Philipp Krohn

Redakteur in der Wirtschaft, zuständig für „Menschen und Wirtschaft“.

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Bislang sind Gerichtsurteile in unteren Instanzen getroffen worden. Im Januar entschied das Landgericht Frankfurt, dass Investoren keinen Schadenersatzanspruch gegen die Finanzaufsicht Bafin haben. Diese hatte das Unternehmen beaufsichtigt. Allerdings beschieden die Richter, die Behörde fülle ihre Aufgabe im öffentlichen Interesse und nicht etwa für einzelne Geldanleger aus. Somit könnten die Kläger in den vier Verfahren gegen sie keine finanziellen Forderungen richten.

Umfangreicher war das Verfahren, das Ende November am Münchner Landgericht zu Ende ging. 22.000 Anleger hatten sich zu einer Klage zusammengeschlossen und um einen Schadenersatzanspruch von 7 Milliarden Euro gestritten. Banken, Sozialkassen und andere Gläubiger haben gegenüber dem Insolvenzverwalter Michael Jaffé schon 3,3 Milliarden Euro geltend gemacht. Die Münchner Richter stellten allerdings klar, das deutsche Insolvenzrecht räume bewusst Gläubigern einen Vorrang ein, während Investoren näher an den Unternehmensentscheidungen dran sind und somit nur im letzten Rang aus der Insolvenzmasse bedient werden können.

Union Investment kämpft weiter

Prominenter Kläger war die Fondsgesellschaft Union Investment aus dem genossenschaftlichen Lager, die mit einer betrügerischen und irreführenden Kommunikation von Wirecard vor dem eigenen Aktienkauf argumentiert hatte. Nach dem Urteil hatte sie es noch offengehalten, ob sie Rechtsmittel einlegt. Inzwischen hat die Union Investment entschieden, den Weg über die nächste Instanz zu suchen, wie ein Sprecher am Donnerstag bestätigte.

Größere Aussichten sehen deutsche Aktionärsschützer aber über eine Sammelklage gegen den Wirtschaftsprüfer EY . Dieser hatte die 1,9 Milliarden Euro, die verbucht, aber nicht mehr auffindbar waren, bevor es zur Insolvenz kam, während der regulären Bilanzprüfung nicht beanstandet. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hat eine Stiftung nach niederländischem Recht gegründet und seit diesem Frühjahr um klagende Investoren geworben.

Inzwischen sind 12.000 Investoren registriert, die darauf hoffen, 1,5 Milliarden Euro über eine außergerichtliche Einigung mit der globalen EY über deren Managerhaftpflichtversicherung für die Betroffenen erstreiten zu können. Das Klageverfahren wird aktuell vorbereitet und soll Anfang kommenden Jahres beginnen. Private und institutionelle Anleger haben sich angeschlossen.