Nach dem kräftigen Anstieg der Preise für Öl und Benzin in den vergangenen Wochen scheint es vorerst eine leichte Entspannung zu geben. Schon am Wochenende war an ersten Tankstellen wieder ein Preis von weniger als 2 Euro je Liter Superkraftstoff zu beobachten.

Christian Siedenbiedel

Redakteur in der Wirtschaft.

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Im Durchschnitt fiel der Preis für Super E10 auf 2,07 Euro je Liter und für Diesel auf 2,18 Euro. Die ersten Analysten spekulierten schon, ob allein die Drohung der Bundesregierung mit dem Bundeskartellamt gereicht hat, um die Ölkonzerne zu mehr Maßhalten zu bewegen. Doch für Entwarnung ist es wohl zu früh.

In Österreich ermitteln die Kartellbehörden, ob es zwischen den Mineralölkonzernen Preisabsprachen gegeben hat. Auch in Deutschland hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das Bundeskartellamt gebeten, „die Benzin- und Dieselpreise sehr genau zu beobachten und bei jeglichem Hinweis auf missbräuchliches Verhalten tätig zu werden“.

Kartellamt: Kein konkretes Verfahren zu Kraftstoff

Auf Anfrage hieß es beim Bundeskartellamt, man führe „kein konkretes Verfahren gegen ein oder mehrere Unternehmen“. Die Kartellbehörde beobachte den Markt aber sehr genau und werde im April turnusgemäß den Jahresbericht der Markttransparenzstelle Kraftstoffe veröffentlichen, der sich mit diesem Thema auseinandersetze.

Zum Wochenauftakt ist allerdings auch der Ölpreis wieder etwas gesunken. Der Preis für Rohöl gab am Montag um mehr als 4 Dollar nach auf zeitweise 116,50 Dollar je Barrel (Fass zu 159 Liter) für die Nordseesorte Brent. Auch der Heizölpreis sank, von 155 auf 149 Euro für 100 Liter, wie das Internetportal Heizoel24 berichtet.

Tanken die Menschen angesichts der hohen Benzinpreise eigentlich weniger? Die Betreiber von Tankstellen jedenfalls berichten, ein solcher Effekt sei nicht besonders stark zu beobachten. Die amtlichen Zahlen über den Kraftstoffabsatz würden zwar immer erst mit einiger Zeitverzögerung veröffentlicht, sagte Jürgen Ziegner, der Geschäftsführer des Zentralverbands des Tankstellengewerbes in Bonn. Er könne aber aus Gesprächen mit Tankstellenbetreibern berichten: Es gebe insgesamt nur einen „leicht zurückgehenden Absatz“ trotz des Preisniveaus: „Wirklich eklatante Absatzrückgänge verzeichnen wir nur in den Grenzregionen“, sagte Ziegner: „Der Tanktourismus entwickelt sich für viele Tankstellen in diesen Gebieten zur Existenzgefährdung.“ Ansonsten gebe es eine gewisse Verschiebung der Nachfrage - von teureren Markentankstellen auf günstigere.

Reaktion auf hohe Preise kurzfristig nahe null

„Kurzfristig liegt die Nachfragereaktion nahe null, selbst bei solch hohen Benzinpreisen“, sagte Manuel Frondel, Energiefachmann vom Forschungsinstitut RWI in Essen. Er schildert das Beispiel einer Autofahrerin, die im Moment „unter Schmerzen“ für 120 Euro volltanke, statt für 70 Euro wie noch voriges Jahr, aber unbeirrt weiter dieselben Entfernungen mit dem Auto zur Arbeit fahre. Das Beispiel zeige: „Es erfordert eine längere Zeit hoher Preise, bevor sich, wenn überhaupt, substantielle Änderungen im Verhalten ergeben“, sagte der Wissenschaftler. Auch beim ADAC hieß es, wer fahren müsse, fahre trotzdem, allenfalls im Freizeitverkehr könne es Änderungen geben.

Für die längere Frist haben Studien eine sogenannte Preiselastizität der Nachfrage für Benzin von minus 0,4 berechnet: Verteuert sich Kraftstoff demnach um 10 Prozent, sinkt bei sonst gleichen Bedingungen die Nachfrage nach Benzin um 4 Prozent. Allerdings sind im Moment die Bedingungen unter vielerlei Gesichtspunkten außergewöhnlich. So war die Benzinnachfrage während der Pandemie durch den Lockdown außergewöhnlich stark gesunken, wie Tankstellen-Verbandschef Ziegner hervorhebt. Im Moment überlagern sich deshalb die Effekte, dass der Verkehr und damit die Benzinnachfrage durch die Lockerungen wieder zunimmt - während gleichzeitig das außergewöhnlich hohe Preisniveau drosselnd auf die Nachfrage wirken dürfte.