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Bevor offiziell wurde, was seit Tagen schon öffentlich diskutiert worden war, war es Adi Hütter am Dienstagmorgen ein Bedürfnis, seine Spieler vorab zu informieren. Der Trainer von Eintracht Frankfurt teilte ihnen mit, dass er den Klub am Saisonende verlassen wird. Um 10.29 Uhr vermeldete das dann auch sein Arbeitgeber, ehe sich nur zwei Minuten später um 10.31 Uhr der künftige Dienstherr von Hütter meldete und dessen Zugang zur neuen Saison publik machte – Borussia Mönchengladbach.

Jener Klub also, der vor wenigen Wochen den Abgang seines amtierenden Übungsleiters Marco Rose verkünden musste. Der wird dank einer Ausstiegsklausel im Sommer zu Borussia Dortmund wechseln. Der Aufschrei in der Gladbacher Fanszene war ob der Verkündung groß. „Kein Söldner steht über dem Verein – sofort raus mit dem charakterlosen Schwein!“, stand damals in schwarzen Lettern auf einem weißen Banner geschrieben, das Anhänger am Trainingsgelände angebracht hatten.

Nun aber profitiert ausgerechnet die Borussia vom Niederrhein selbst von einer entsprechenden Klausel: Denn die, da er sie ebenfalls im Vertrag verankert hat, ermöglicht es dem Frankfurter Trainer Hütter zu wechseln.

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Während der Österreicher, der 2018 von Young Boys Bern zur Eintracht kam, in Mönchengladbach einen Vertrag bis 2024 erhält und dort eine Erfolgsgeschichte schreiben will wie zuvor bei der Eintracht, steht den Frankfurtern trotz der möglichen Champions-League-Premiere eine große Zäsur bevor. Neben Hütter wird bekanntlich auch Sportdirektor Bruno Hübner den Tabellenvierten der Bundesliga am Saisonende verlassen – und Sportvorstand Fredi Bobic wohl auch. Ihn zieht es zu Hertha BSC.

Die Einigung mit Bobic, der noch einen Vertrag bis 2023 besitzt, steht kurz bevor. Von 2,5 Millionen Euro ist die Rede, die die Eintracht gern als Ablöse haben will. Von Borussia Mönchengladbach soll es für Hütter – auch dessen Vertrag läuft eigentlich bis 2023 – sogar noch etwas mehr geben.

Intensive Jahre

Geld, das in Zeiten, in denen ob der Corona-Pandemie die Einnahmen gesunken sind, jeder Klub sicherlich gut gebrauchen kann. Doch was nutzt all das am Ende auf dem Vereinskonto, wenn klar ist, dass sich mit Hütter, Hübner und Bobic gleich drei wichtige Führungskräfte verabschieden? Noch ist offen, wer demnächst im sportlichen Bereich Regie in Frankfurt führt. Wer den neuen Trainer sucht, wer Gespräche mit Spielern führt.

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„Die Entscheidung, zur neuen Saison ein neues Kapitel aufzuschlagen, habe ich mir nicht leicht gemacht“, sagte Hütter am Dienstag und schwärmte von „drei unglaublich erfolgreichen und intensiven Jahren“ in Frankfurt. Mit sechs verbleibenden Bundesliga-Spielen gelte Hütters Fokus nun aber den Frankfurtern, die auf Champions-League-Kurs sind und bei noch 18 zu vergebenen Punkten derzeit sieben Zähler Vorsprung auf den Tabellen-Fünften Dortmund haben: „Wir haben eine historische Chance. Alles, was für mich jetzt zählt, ist der Erfolg der Eintracht.“

Mit der Hütter auf der Jagd nach drei weiteren Punkten am Samstag ausgerechnet an seinem künftigen Arbeitsplatz gastiert – in Mönchengladbach. Die Königsklassen-Perspektive, die er mit Frankfurt hat, ist mit der Gladbacher Borussia in der kommenden Saison definitiv nicht gegeben, es droht eine Saison komplett ohne Europapokal-Teilnahme.

Künftige Kollegen: Max Eberl (r.), Sportdirektor von Gladbach, mit Adi Hütter

Quelle: dpa

Entsprechend froh sind sie in Mönchengladbach, in Hütter den Wunschkandidaten verpflichtet und für gleich drei Jahre gebunden zu haben. „Er ist für unsere Mannschaft“, so formulierte es Sportdirektor Max Eberl nach der Verkündung, „und unseren Verein der beste Trainer für die ab dem Sommer vor uns liegenden Herausforderungen und Ziele.“

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Man freue sich „sehr“ über die Zusage des 51-Jährigen. Der hatte am 28. Februar in einem TV-Interview auf die Frage, ob er denn bei der Eintracht bleiben werde, noch geantwortet: „Ich bleibe.“ In den Wochen danach aber ließ er sich dieses Bekenntnis nicht mehr entlocken, entsprechenden Fragen wich er aus.

Wie unter Kovac

Wer der Frankfurter Eintracht nahesteht, dürfte sich an die Spielzeit 2017/2018 erinnert fühlen. Niko Kovac hieß der Trainer. „Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass ich im nächsten Jahr hier nicht Trainer bin. Punkt. Stand jetzt, ist es so, wie es ist“, hatte Kovac damals im Frühjahr gesagt, um kurz danach – übrigens wie Adi Hütter auch an einem 13. April – seinen Wechsel zum FC Bayern zu bestätigen. Kovac verlor im Anschluss daran zwar fünf Ligaspiele in Folge und verpasste einen Europa-League-Platz, gewann aber den DFB-Pokal und sicherte der Eintracht somit die Teilnahme am internationalen Geschäft.

Niko Kovac (3.v.r.) nach dem Pokalfinale 2018

Quelle: picture alliance/dpa

In Frankfurt setzen sie nun alles darauf, dass der sportliche Aufschwung mit Hütter anhält – und dass das so stabil wirkende Team um Top-Torjäger André Silva (23 Tore), Top-Scorer Filip Kostic (14 Vorlagen) und Nationaltorhüter Kevin Trapp nicht aus dem Gleichgewicht gerät. So groß die Sehnsucht nach einer Champions-League-Teilnahme bei jedem Profi sein wird, so groß ist sicher auch der Wunsch, zeitnah zu wissen, wer künftig bei Eintracht Frankfurt sportlich das Sagen hat.