Das Dementi der Kontinental Hockey League (KHL) kam schnell. Anweisungen an die Klubs, den Krieg in der Ukraine zu unterstützen? Habe es nie gegeben, teilte die russische Eishockey-Liga mit. René Fasel, von 1994 bis 2021 Präsident des Weltverbandes IIHF, ist nun als Berater angestellt? Auch das stimme nicht: „Fasel ist und war kein Mitarbeiter der KHL und hat der Organisation nie Dienstleistungen erbracht.“

Die aktuelle IIHF-Spitze in Zürich werden die Aussagen wohl eher nicht überzeugen. Die Russen und Fasel, eine jahrzehntelange feste Allianz, die im Welteishockey die Fäden zog – sind offiziell in Ungnade gefallen. Am Donnerstag teilte die IIHF mit, ihre Ethikkommission eingeschaltet zu haben. Sie soll untersuchen, ob die Berichte stimmen, laut denen der russische Eishockeyverband RIHF „angeblich Anweisungen an Mannschaften der KHL geschickt hatte, demonstrative Maßnahmen zur Unterstützung des Krieges zwischen Russland und der Ukraine zu ergreifen“. Sollte dies so sein, wäre das ein Verstoß gegen den IIHF-Ethikkodex.

Ob es die Order aus der Zentrale nun gab oder nicht: Dass die KHL fest an Putins Seite steht, ist nicht zu leugnen. Im Internet kursieren aktuelle Bilder, die ein großes Banner mit der Aufschrift „Putin – unser Präsident“ hinter der Spielerbank bei ZSKA Moskau, ein Putin-Bild hinter der von Spartak Moskau oder ein leuchtendes Z, das Symbol zur Unterstützung der russischen Armee, auf dem Videowürfel bei AK Bars Kasan zeigen. Überraschen kann das nicht, Eishockey ist nun mal Nationalsport in Russland und die KHL seit ihrer Gründung 2008 eine Art Staatsliga mit politischen Aufgaben.

Finanziert durch öffentliche Gelder, kremlnahe Oligarchen und Staatskonzerne, sollte sie der nordamerikanischen NHL etwas entgegensetzen: eine ebenso starke europäische Liga unter russischer Führung. Doch der Erfolg ist überschaubar, die Expansionspläne in den Westen scheiterten meist, seit Kriegsbeginn sind die Teams aus Helsinki und Riga raus, zudem zahlreiche Spieler aus westlichen Nationen.

Einer der größten KHL-Unterstützer seit vielen Jahren: René Fasel. Wenn sich die KHL mit der NHL um Spieler stritt, stand Fasel stets an der Seite der Russen. Der Schweizer, der sich einst vom Schiedsrichter an die IIHF-Spitze hocharbeitete, war auch gern Ehrengast bei KHL-Partien oder leitete Benefizspiele, wenn Putin selbst aufs Eis ging. Anders bei der Champions Hockey League (CHL); der internationale Wettbewerb der übrigen europäischen Ligen ist neben der NHL ein weiterer Gegenspieler der KHL.

Fasel hat noch nie eines der Endspiele besucht, obwohl die IIHF mit zwölf Prozent an der CHL beteiligt ist. Aber wenn es darum ging, das russische Staatsdoping kleinzureden, war er zur Stelle. Auch aus seiner Freundschaft zu Putin hat er nie ein Geheimnis gemacht: „So ein Land über elf Zeitzonen und mit rund 100 Sprachen stabil zu regieren, das ist ein Kunststück. Dafür, ja, bewundere ich ihn“, sagte er einst der Schweizer Tageszeitung „Blick“.

Den jetzigen Krieg bezeichnet Fasel in der französischsprachigen Zeitung „La Liberté“ als „ein Drama“. Er sagte aber auch: „Der Westen ist mitverantwortlich. Der Krieg kann meine Liebe zu Russland nicht schmälern.“ Zudem stellte er sich gegen die IIHF-Entscheidung, den Russen die U-20-WM zu entziehen und ihre Teams von allen Wettbewerben auszuschließen: „Pure Hysterie.“ Deswegen und wegen seiner angeblichen Mitarbeit bei der KHL ermittelt der IIHF-Ethikrat nun auch gegen ihn.

Fasel ist seit September Ehrenpräsident des Weltverbandes. Der neuen Führung um den Kanadier Luc Tardif scheint das unangenehm zu sein. Ganz auf Konfrontationskurs geht die IIHF aber noch nicht. Zu viel Geld fließt über die Russen oder ihretwegen ins Eishockey. Also wurden weder russische Vertreter im IIHF-Rat suspendiert, noch wurde über die WM 2023 in Sankt Petersburg entschieden. Erst wenn das geschieht, zeigt sich, ob es die IIHF mit ihrer Emanzipation von Russland und Fasel ernst meint.