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Der Chef hatte einen besonderen Auftrag für seine Spieler: Entspannt euch! Es sei jetzt ganz wichtig, den „Akku aufzuladen“, die Kräfte zu sammeln, „gut zu regenerieren“, betonte Hans-Dieter Flick Samstagabend nach dem 1:1 (0:0) gegen den 1. FC Union.

Es war das erste Bundesligaspiel seit Februar, das der FC Bayern nicht gewann. Der Vorsprung des Tabellenführers auf den Zweiten RB Leipzig, der 4:1 bei Werder Bremen siegte, verringerte sich von sieben auf fünf Punkte. Nicht so schlimm. Weiter jetzt. Das war Flicks Motto am Wochenende.

Für Hadern oder die große Analyse bleibt keine Zeit. Es steht jetzt eine viel wichtigere, richtungsweisende Partie an: Dienstag (21.00 Uhr, Sky) treten die Bayern im Rückspiel des Viertelfinals der Champions League bei Paris St. Germain an. Nach dem 2:3 im Hinspiel in der vergangenen Woche droht dem deutschen Fußball-Rekordmeister als Titelverteidiger das Ausscheiden.

Hainer redet den Konflikt zunächst klein

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Ausgerechnet in diesen Tagen belasten die Spannungen zwischen Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic weiter die Atmosphäre im Klub. Herbert Hainer versucht nun, zumindest etwas Ruhe reinzubringen. „Es ist ein natürliches Spannungsfeld zwischen Verein und Trainer. Das ist auch nicht schlimm nach meinem Dafürhalten“, sagte der Vereinspräsident Sonntagmittag in der TV-Sendung „Sky90“ zu den Streitigkeiten der beiden Angestellten in Sachen Transfers und Kaderplanung.

Bezogen auf das schwierige Verhältnis zwischen Flick und Salihamidzic erinnerte Hainer anfangs an den Anwalt eines schuldigen Mandanten, der trotz Beweislast tapfer kämpft und Argumente heranzieht, um eine schlüssige Verteidigung aufzubauen. Hainer spielte den Konflikt erst herunter und betonte die Stärken der Beteiligten.

Interview vor dem Anpfiff gegen Union: Auch auf Nachfrage wollte sich Hansi Flick nicht zu seiner Zukunft und zu seinem Vertrag äußern

Quelle: AFP/ANDREAS GEBERT

Dann wurde er deutlicher. „Ich bin das gewohnt, dass Verträge auch erfüllt werden“, sagte der 66-Jährige, der als Klubvorsitzender seit anderthalb Jahren Nachfolger von Uli Hoeneß ist. Der frühere Adidas-Chef verwies auf seine Vergangenheit in der Wirtschaft. Auf die Frage, ob Flick seinen bis 2023 gültigen Kontrakt bei den Bayern erfüllen werde, antwortete Hainer: „Davon gehe ich fest aus“.

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Experten wie Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, der eng mit Flick befreundet ist, glauben, der Konflikt zwischen Münchens Erfolgstrainer und Salihamidzic sei nicht mehr zu kitten. Hainer sieht es anders. „Wir sind ganz klar der Überzeugung, wir wollen mit beiden arbeiten. Sie haben beide den Erfolg der letzten eineinhalb Jahre zusammen gehabt und wir waren super erfolgreich“, sagte er. „Ich bin fest davon überzeugt, das können wir auch in der Zukunft haben.“ Flick und Salihamidzic hätten als ehemalige Spieler des Klubs das „Bayern-Gen“.

Es seien eben „zwei meinungsstarke Typen, das finde ich auch ganz okay“, sagte Hainer. „Die müssen auch kein Liebespaar sein, wichtig ist, dass sie professionell zusammenarbeiten und für den Erfolg des FC Bayern München.“ Das würden beide machen. Intern sei das Verhältnis im Verein intakt. „Man muss nicht immer einer Meinung sein. Wichtig ist, dass beide das gleiche Ziel haben.“

Salihamidzic und Flick hätten eine Mannschaft aufgestellt, die unheimlich attraktiven Fußball spiele und mit sechs gewonnen Titel die erfolgreichste Saison der Klubgeschichte gespielt habe. „So schlecht kann das nicht sein, wenn man die Erfolge anguckt.“ Natürlich arbeite man daran, „dass wir die zwei wieder so hinkriegen, dass sie nicht nur professionell zusammenarbeiten, sondern dass sie es auch beide aus Freude und Überzeugung miteinander tun.“

„Wir sind eher Opfer“

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Die Nachfolgediskussion um Bundestrainer Joachim Löw, der nach der EM im Sommer aufhört, und die Rolle Flicks in der Debatte sieht Hainer sehr kritisch. „Wir sind eher Opfer. Es wird über unseren Trainer diskutiert, weil im DFB eine Stelle frei wird. Und wir sollen uns permanent dazu äußern“, sagte der Präsident. „Der DFB oder wer auch immer hat da den Namen Hansi Flick ins Spiel gebracht.“

Mit ihm habe Flick bislang nicht über den Bundestrainerposten gesprochen. „Ich bin der festen Überzeugung, dass ihm das bei uns nach wie vor enormen Spaß macht. Ich denke, er weiß, was er beim FC Bayern hat. Das gibt man nicht so einfach weg.“

Der ehemalige Bayern-Profi Dietmar Hamann sagte in der Sendung hingegen zu den Unstimmigkeiten von Flick und Salihamidzic: „Wenn kein Umdenken stattfindet, macht es für beide Seiten keinen Sinn.“ Auch in der Mannschaft ist der Zwist ein Thema. Kapitän Manuel Neuer sagte nach dem Unentschieden gegen Union: „Ich denke, dass Hansi Flick der richtige Trainer für uns ist. Man hat ja gesehen, wie erfolgreich wir die vergangenen Zeiten verbracht haben. Wir freuen uns, wenn es so weitergeht.“

Die Nebengeräusche „sind nicht schön“, bemängelte der Nationaltorhüter. Sachen, die von außen auf die Mannschaft einprasseln, seien natürlich nicht vonnöten. „Ein bisschen mehr Ruhe drumherum wäre auf jeden Fall gut für uns.“ Weltmeister Thomas Müller betonte, alle täten gut dran, „ein bisschen die Glut zu löschen“.

Herbert Hainer, Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Hasan Salihamidzic schaffen es beim Thema Hansi Flick nicht, Ruhe in den Verein zu bekommen

Quelle: picture alliance / Frank Hörman

Flick selbst möchte sich auf Fragen zu der Bundestrainersuche und den Konflikt mit Salihamidzic nicht mehr äußern. „Meinen Sie mir macht das Ganze Spaß?“, entgegnete er Samstag genervt, als er auf Neuers Wunsch nach mehr Ruhe angesprochen wurde.

Der Trainer muss sich erst einmal um aktuelle Probleme kümmern, denn er hat große Personalsorgen. Gegen die Berliner ließ sich Kingsley Coman am Knie behandeln und wurde ausgewechselt, der französische Außenstürmer kann gegen Paris aber wohl spielen. Am Wochenende fehlten Flick neun Profis verletzt.

Ob der so wichtige Mittelfeldakteur Leon Goretzka (muskuläre Probleme) und Verteidiger Lucas Hernández (Prellung) in Paris spielbereit sein werden, ist fraglich. Die Chancen bei Hernández seien trotz dessen Schmerzen größer, sagte Flick. Bei Goretzka wolle man das „Grüne Licht“ der Ärzte abwarten und dann entscheiden. Sonntag joggte Goretzka mit Leroy Sané auf dem Trainingsgelände an der Säbener Straße. Torjäger Robert Lewandowski wird auch im Rückspiel verletzt fehlen.

Dienstag geht es um viel Geld

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An diesem Montag fliegt die Mannschaft nachmittags nach Frankreich. „Da wollen wir das kleine Wunder vielleicht wirklich werden lassen“, sagte Flick. „Ich spüre, dass sich die Spieler auf dieses Spiel freuen.“

Nach dem Aus im DFB-Pokal Anfang des Jahres würde die Bayern ein weiteres Ausscheiden in der Königsklasse auch finanziell hart treffen. Und der Zwist zwischen Flick und Salihamidzic dürfte weiter an Dynamik gewinnen. Für den Klub beginnt eine besondere und ausgesprochen wichtige Woche.