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Mit der symbolischen Übergabe eines Förderbescheides über mehr als 52 Millionen Euro durch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ist das Norddeutsche Reallabor zur Transformation des Energiesystems gestartet. Im Verbund der Länder Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern wollen mehr als 50 Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in den kommenden fünf Jahren die Weichen für eine klimaneutrale Energieversorgung für Industrie, Wärme und Verkehr stellen.

Insgesamt sind Investitionen von mehr als 300 Millionen Euro geplant. Eine zentrale Rolle spielt „grüner“, durch Windenergie erzeugter Wasserstoff. Pro Jahr soll so eine halbe Million Tonnen Kohlendioxid (CO2) eingespart werden.

Bei der Bewältigung der Klimakrise gehe es nicht um die Frage Klima oder Wohlstand, „sondern um Klima und Wohlstand“, sagte Altmaier am Mittwoch, zugeschaltet aus Berlin zu der von Hamburg aus übertragenen Auftaktveranstaltung. Wegen der Pandemie fand sie mit nur wenigen Rednern und ohne Publikum statt. Um dieses Ziel für Deutschland zu erreichen, sei das Norddeutsche Reallabor ein wichtiger Baustein, so Altmaier.

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Pro Jahr gingen in Norddeutschland bisher drei Terawattstunden „Überschussstrom“ aus der Windenergie ungenutzt verloren, sagte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Strom sei zwar ein universeller Energieträger, aber in Bereichen der Industrie oder großen Fahrzeugen wie Frachtschiffen oder Flugzeugen nicht effizient einsetzbar. „Wenn wir Erdgas, Erdöl, Kohle ersetzen wollen, dann brauchen wir einen stofflichen Energieträger, und das ist der Wasserstoff.“

Um das zu schaffen, müsse „grüner“ Wasserstoff wettbewerbsfähig sein, sagte Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Jan-Philipp Albrecht (Grüne). Nachteile gegenüber fossilen Energieträgern müssten abgebaut werden. Dazu sei eine grundlegende Reform der Steuern und Abgaben im Energiebereich nötig. Die Staatssekretärin im Energieministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Ina-Maria Ulbrich, betonte, wenn „grüner“ Wasserstoff unter Marktbedingungen eingesetzt werden solle, „müssen wir ran an die gesetzlichen Regelungen“.

Das Norddeutsche Reallabor schließt an das Großprojekt NEW 4.0 an, das von 2016 bis Anfang 2021 lief. Bei NEW 4.0 ging es darum, Erkenntnisse für die grundlegende Funktionsweise einer dezentralen Energieversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien zu sammeln, sowohl technologisch als auch bei den dafür nötigen Marktmechanismen.

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Das Reallabor soll mithilfe von regenerativ erzeugtem Wasserstoff vor allem auch die einzelnen Energiemärkte für Strom, Gebäudewärme, Industrieprozesse und Mobilität miteinander verbinden. Für diese sogenannte Sektorkopplung werden in den drei beteiligten Bundesländern jeweils große Elektrolyseanlagen aufgebaut, die mit Strom besonders aus Windparks betrieben werden sollen. Einer der dafür geplanten Standorte ist in Hamburg das stillgelegte Steinkohlekraftwerk von Vattenfall in Moorburg.

„Wir werden Lösungen liefern, die auf ganz Deutschland und auf andere europäische Regionen übertragbar sind“, sagte Projektkoordinator Werner Beba, Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW). Das Reallabor soll den Weg dafür weisen, den CO2-Ausstoß in der Projektregion bis 2035 um 75 Prozent senken zu können.