Rückblickend war es eine Freude, die nur kurz währte. Vor zehn Jahren, am 9. Juli 2011, erlangte Südsudan die ersehnte staatliche Unabhängigkeit. Menschen feierten auf den Straßen, international schlug dem neuen Staat viel Sympathie entgegen. Fünf Tage nach seiner Gründung wurde die Republik Südsudan als 193. Mitglied in die Vereinten Nationen aufgenommen. 

Christian Meier

Redakteur in der Politik.

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    Daniel Pilar

    Freier Fotograf.

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      Der Abspaltung des vorwiegend christlich-animistischen Südens vom überwiegend muslimisch-arabischen Sudan war ein jahrzehntelanger Unabhängigkeitskampf vorausgegangen, der vor allem von der „Sudanesischen Volksbefreiungsarmee“ (SPLA) geführt wurde. Es war aber vor allem der Unterstützung der Vereinigten Staaten zu verdanken, dass es 2005 zu einem Friedensschluss und im Januar 2011 schließlich zu einem Unabhängigkeitsreferendum kam. Darin sprachen sich 99 Prozent der knapp vier Millionen Abstimmenden für die Unabhängigkeit aus. 

      Von Anfang an lasteten Konflikte auf dem jungen Staat

      Schon bei seiner Geburt waren dem jüngsten Staat der Erde jedoch verschiedene Probleme mitgegeben: Zum einen gab es ungelöste Grenzfragen zwischen dem neuen Südsudan und dem alten, verkleinerten Sudan, bei denen es nicht zuletzt um die reichen Ölvorkommen ging. Mehrere Zehntausend Menschen wurden allein in der Übergangszeit 2011 im Zuge von Kämpfen vertrieben. 

      Aber auch innere Konflikte - teilweise zwischen unterschiedlichen Volksgruppen - traten rasch offen zutage. Ende 2013 führten sie zu einem Bürgerkrieg zwischen der Fraktion des Präsidenten, Salva Kiir, und der des ehemaligen Vizepräsidenten, Riek Machar. 

      Der Bürgerkrieg stürzte das - trotz seiner Ölressourcen - arme Land ins Chaos und ins Elend. Waffenstillstandsabkommen wurden mit großer Regelmäßigkeit geschlossen und ebenso zuverlässig umgehend wieder gebrochen. Viele Ausländer verließen das Land, während die UN die Blauhelmtruppe UNMISS verstärkten.

      Bis zum Jahr 2018 kamen Schätzungen zufolge mindestens 400.000 Menschen ums Leben. Etwa vier Millionen Menschen wurden von ihren Wohnorten vertrieben, viele sind aus dem Land geflohen. Die UN dokumentierten zahlreiche Gräuel an der Zivilbevölkerung, vor allem an Frauen und Kindern. Hinzu kamen Überschwemmungen und Hungersnöte. 

      Dass im September 2018 in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba ein Friedensvertrag geschlossen wurde und Kiir und Machar 2020 eine Regierung der nationalen Einheit bildeten, ändert nichts daran, dass Südsudan als gescheiterter Staat gilt. 8,3 der etwa 13 Millionen Bewohner des Landes sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der Staat kann jedoch nicht viel helfen, die Menschen sind daher auf die Unterstützung internationaler Hilfsorganisationen angewiesen. Die Wirtschaft kommt aufgrund der ausufernden Korruption nicht in Gang. Und immer wieder eskalieren Kämpfe, häufig im Zuge von Streit um Vieh und Weideland. 

      Die Corona-Pandemie hat die Krisen noch verstärkt. „Die Widerstandskraft der Bevölkerung bröckelt“, sagte Eric Alain Ategbo, der für das UN-Kinderhilfswerk UNICEF in Südsudan arbeitet, kürzlich in der Süddeutschen Zeitung über die Lage in dem Land. Die Träume von 2011 sind schon lange ausgeträumt.

      Der Fotograf Daniel Pilar, der seit vielen Jahren die politischen Entwicklungen in zahlreichen Ländern der Welt für die F.A.Z. fotografisch begleitet, blickt in seinen Bildern noch einmal zurück auf den historischen Augenblick. Und er hat unseren Fragebogen ausgefüllt.