Im Kampf gegen die enorm hohe Inflation senkt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan die Mehrwertsteuer auf verschiedene Produkte des täglichen Bedarfs. Für Reinigungsmittel, Toilettenpapier, Servietten und Babywindeln fielen nur noch acht Prozent an anstatt zuvor 18 Prozent, kündigte Erdoğan am Montag an. Die Verbraucherpreise in der Türkei waren im Februar um 54,5 Prozent gestiegen, so viel wie seit 20 Jahren nicht mehr. Dazu trugen der Verfall der Landeswährung Lira sowie steigende Lebensmittel- und Energiepreise bei.

Dennoch und auch trotz des zusätzlichen Drucks durch den Krieg in der Ukraine auf die Preise hob die türkische Zentralbank ihren Leitzins nicht an. Sie beließ ihn bei ihrer letzten Entscheidung Mitte März bei 14,0 Prozent. Erdoğan ist ein erklärter Gegner von Zinserhöhungen. Ökonomen halten sie jedoch für das geeignete Gegenmittel, da dadurch die Lira wieder attraktiver werden könnte. Erdoğan will aber mit billigen Krediten die Produktion und die Exporte anschieben, was wiederum für mehr Beschäftigung sorgen soll.

Der Krieg in der Ukraine trifft die Türkei deswegen besonders hart, weil das Land die meisten Energierohstoffe einführen muss. Die Preise dafür sind auf dem Weltmarkt zuletzt stark gestiegen. Außerdem leidet die Türkei unter der Abhängigkeit von Getreideimporten aus Russland und der Ukraine. Hinzu kommt, dass der Tourismus aus den beiden Staaten, die für mehr als ein Viertel der Gäste stehen, in diesem Jahr stark schrumpfen dürfte. Dabei hegte die Türkei gerade hier große Hoffnungen auf einen Aufschwung nach zwei Corona-Jahren. Die Folge: Der türkische Lira ist unter den Währungen der Schwellenländer, nach dem Rubel, diejenige mit der schlechtesten Entwicklung in diesem Jahr.