Die ersten Erntehelfer aus der Ukraine sind schon da, doch sie sind auf der Flucht. Rund 7000 Ukrainer arbeiten jedes Jahr auf deutschen Erdbeer- und Heidelbeerfeldern, die meisten von ihnen sind Studenten. An Feldarbeit ist nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine zwar nicht zu denken. „Wir wissen aber, dass viele Betriebe ihnen bekannte Helfer und deren Familien aufgenommen haben“, sagt Simon Schumacher, Vorstandssprecher des Verbands Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE). Manche wollten auch arbeiten. „Wir sind dafür offen, aber nicht abhängig davon.“

Jessica von Blazekovic

Redakteurin in der Wirtschaft.

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Denn anders als in den vergangenen zwei Corona-Jahren beginnt die diesjährige Erntesaison ohne Einreiseprobleme für die rund 120.000 helfenden Hände aus Ost- und Südosteuropa. „Die Situation hat sich deutlich verbessert“, sagt Schumacher. Die Arbeiter, die größtenteils aus Rumänien, aber auch aus Polen, Bulgarien und Kroatien stammen, würden vor der Einreise und auf den Höfen auf das Coronavirus getestet. Schumacher rechnet außerdem nicht damit, dass der Ukrainekrieg Erntehelfer aus anderen Ländern davon abhalten wird, nach Deutschland zu kommen. Zwar seien unter den rumänischen Arbeitern auch 60.000 Reservisten, die bei einem NATO-Bündnisfall nach Hause zurückkehren müssen. „In so einem Fall sprechen wir aber nicht mehr über Spargel oder Erdbeeren, dann haben wir andere Probleme.“

Dort, wo die Felder mit der Abwärme von Industrieanlagen oder Kraftwerken beheizt werden, hat die Spargelsaison indes schon begonnen, etwa in Bayern. Am Montag eröffneten der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (beide CSU) und die Schrobenhausener Spargelkönigin Annalena Fischhaber auf dem Münchner Viktualienmarkt offiziell die diesjährige Spargelsaison. Dank des schönen und sonnigen Wetters dürfte das Stechen des Edelgemüses aber auch in allen anderen Anbauregionen nun losgehen, sagt Claudio Gläßer von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft in Bonn. Er erwartet, dass der Preis für Spargel im Vergleich zum Vorjahr etwas sinken wird, da das Angebot wegen des idealen Erntewetters steige. „Man muss aber abwarten, wie sich das entwickelt.“

Im Schnitt 8,90 Euro kostete ein Kilogramm in Deutschland produzierter weißer Spargel über alle Handelsklassen hinweg im Jahr 2021. „Wir wären zufrieden, wenn wir dieses Niveau wieder erreichen“, sagt VSSE-Sprecher Schumacher. Während die Witterung den Spargelbauern in die Hände spielt, haben sich andere Rahmenbedingungen im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert. Wie in vielen anderen Bereichen der Lebensmittelproduktion auch sind die Betriebskosten zum Teil dramatisch gestiegen. So kosten etwa die im Spargelanbau eingesetzten Folien inzwischen das Dreifache und hat sich Dünger um 80 Prozent verteuert. Hinzu kommen gestiegene Kosten für das Betanken der landwirtschaftlichen Geräte und höhere Löhne.

Nicht zuletzt treibt manch einen Landwirt die Sorge um, die Menschen würden angesichts der kräftig gestiegenen Verbraucherpreise auf das Luxusgut Spargel verzichten. Schumacher bleibt optimistisch: „Was wir ernten, ist schön und richtig schmackhaft. Ich bin hoffnungsvoll, dass den Deutschen liebstes Gemüse nicht hinten runterfällt – denn es ist für jeden Geldbeutel was dabei.“