Joe Bidens Botschaft beim ersten amerikanisch-afrikanischen Gipfel seit acht Jahren beinhaltete auch implizite Selbstkritik: „Wir wissen schon lange, dass ein erfolgreiches Afrika wesentlich ist für eine bessere Zukunft für uns alle“, sagte er. Der amerikanische Präsident hofiert in dieser Woche 49 Delegationen afrikanischer Staaten. Er redet über die Partnerschaft zwischen Amerika und Afrika im 21. Jahrhundert und darüber, dass diese mehr umfassen müsse als Hilfe. Es müsse um Investitionen gehen, um die Kräfte des Privatsektors freizusetzen.

Majid Sattar

Politischer Korrespondent für Nordamerika mit Sitz in Washington.

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Auf einem Wirtschaftsforum mit Vertretern von 300 amerikanischen und afrikanischen Unternehmen sprach er über den Ausbau von Straßen, des Internets und der erneuerbaren Energien, und er kündigte an, man wolle die Handelsbeziehungen deutlich verstärken. Biden sagte, eine neue Vereinbarung mit der Freihandelszone der Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union (AU) werde amerikanischen Unternehmen Zugang zu 1,3 Milliarden Menschen und einem riesigen Markt verschaffen.

Afrikas Zurückhaltung beim Ukrainekrieg

Stets schwang in den Worten des Präsidenten mit: All dies hat man in der Vergangenheit vernachlässigt. China, Russland, aber auch die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate sind stark in Afrika engagiert. Für Peking, einen wichtigen Kreditgeber bei Infrastrukturprojekten, gehört der Kontinent längst zur Einflusszone, nicht zuletzt, um Zugang zu Bodenschätzen zu erhalten. Das chinesische Handelsvolumen mit Afrika ist viermal so groß wie das amerikanische. Russland wiederum ist der größte Waffenhändler für Afrika südlich der Sahara und mischt sich etwa mit der Söldnertruppe Wagner in die Politik in Mali ein.

Das alles bleibt nicht ohne Folgen: Die amerikanische Regierung hat in diesem Jahr auf besondere Weise zu spüren bekommen, welchen geopolitischen Preis es hat, dass sie den Kontinent bislang anderen Mächten überlassen hat. Als Biden nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Frühjahr die Staatengemeinschaft überzeugen wollte, Moskau politisch zu isolieren und wirtschaftlich zu sanktionieren, stieß er in vielen afrikanischen Staaten auf Zurückhaltung, mitunter auch auf Ablehnung. Als die Generalversammlung der Vereinten Nationen Putins Krieg verurteilte, enthielten sich viele afrikanische Mitgliedstaaten. Washington will aus all dem Lehren ziehen.

Jake Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, sagte, der Gipfel fuße auf der Erkenntnis, dass Afrika ein wichtiger geopolitischer Akteur sei. Der Kontinent werde die Zukunft nicht nur des afrikanischen Volkes, sondern auch der Welt gestalten. In der im Oktober vorgelegten Sicherheitsstrategie der amerikanischen Regierung wurde angesichts der neoimperialen Aggression Moskaus zwar konstatiert, dass Russland als absteigende autoritäre Macht kurzfristig ebenso gefährlich sein könne wie eine aufstrebende. Langfristig blieben aber Chinas Ambitionen die größte Herausforderung für die Vereinigten Staaten.

Afrika ist Schauplatz der Großmächte

Auch wenn Biden in seiner Rede am Mittwoch Peking nicht erwähnte, machte der Gipfel deutlich, Afrika ist längst Schauplatz eines neuen „great game“ der Großmächte. Es ist der erste Gipfel dieser Art seit 2014, den seinerzeit Präsident Barack Obama ausrichtete. Obama, Sohn eines Kenianers, startete eine Initiative zur Elektrifizierung des Kontinents. Dessen Vorgänger George W. Bush engagierte sich vor allem in der HIV-Bekämpfung. Unter Donald Trump spielte Afrika eine untergeordnete Rolle für die Vereinigten Staaten.

Die Biden-Administration sagte zu Beginn des Treffens den afrikanischen Staaten Mittel in Höhe von 55 Milliarden Dollar zu – unter anderem zur Bewältigung der Ernährungskrise und der Folgen des Klimawandels. Zudem wird erwartet, dass der Präsident die politische Initiative unterstützt, die AU als ständiges Mitglied der G-20-Runde aufzunehmen. Nicht nach Washington eingeladen wurden Mali, Guinea, Sudan und Burkina Faso. Deren Mitgliedschaft hat die AU wegen Militärputsche ausgesetzt. Eritrea fehlt ebenfalls, weil die Vereinigten Staaten aufgrund des bewaffneten Konfliktes mit Äthiopien keine normalen diplomatischen Kontakte zu dem Land pflegen.